Montag, 15. Dezember 2014

Der Wandel des Billigfliegers Ryanair

Für Gruppenreisen und Klassenfahrten war Ryanair bisher ein Partner, der sowohl geschätzt als auch gemieden wurde. Die Preise waren niedrig, der Service miserabel und bei kleinsten Unstimmigkeiten musste man mit Problemen beim Checkin rechnen. Dazu kam eine ganz eigene Preispolitik. Die Preise wurden Monate vorher hoch eingestellt (erkennbar an gleichen Preisen über alle Tage einer Woche) und für Reisetage mit geringer Auslastung 3-4 Monate vor dem Abflugtermin schrittweise gesenkt. Stieg die Auslastung, zogen die Preise für einzelne Tage wieder an, dafür konnte der Preis 2 Wochen vor Abreise sehr günstig sein. Das Buchen von Gruppenflügen war eine nervenaufreibende Sache.

Und dann die Sache mit dem Gepäck. Knappe 8 Kilo für Handgepäck, restriktiver Umgang mit den Maximalmassen und unbarmherziger Umgang mit zusätzlichen Hand- und Fototaschen. Selbst die Tüte mit 2 Getränken musste ich bei einem Flug vor dem Ryanair-Mitarbeiter unter dem Mantel verstecken.

Mit der von O'Leary angekündigten Service-Initiative haben sich ein paar Dinge geändert. Gegen Aufpreis können 'Business-Flüge' gebucht werden, bei denen Leistungen wie Aufgabegepäck, Sitzplatzwahl und Priority-Boarding schon inklusive sind. Dafür haben sie angeblich auch die Dauerbeschallung mit Werbung für die Ryanair-Lotterie und ähnliches abgestellt, die morgens um 6 h kaum zu ertragen war.

Vor dieser Historie überrascht der Ryanair-Marketing Chef Kenny Jacobs mit einer Ankündigung gegenüber der Wirtschaftswoche : "Wir kommen in alle eure größeren Flughäfen außer Frankfurt" Mit München sollen bereits konkrete Gespräche geführt sein, 'nur noch die Flugzeiten müssen festgelegt werden'.

Hier wurde offensichtlich die Entwicklung auf dem europäischen Flugmarkt weitergerechnet. Die nicht marktgerechten Verträge über Abfertigungskosten mit Regionalflughäfen werden von den Wettbewerbshütern auf nationaler und europäischer Ebene genauso unter die Lupe genommen und ggf. beanstandet wie die Subventionierung unrentabler Flughäfen. Erst vergangene Woche hat nach Rheinland-Pfalz auch das Land Hessen den Verkauf seiner Anteile am defizitären Flughafen Hahn angekündigt. Mit diesen Entwicklungen steht das bisherige Geschäftsmodell von Ryanair auf wackligen Füßen.

Die Entwicklungen der vergangenen Monate haben der irischen Billig-Airline Zuwächse an Umsatz und Gewinn eingebracht. Mit einer Ausrichtung hin zu Flügen ab grossen und gut erreichbaren Flughäfen werden die Preise wohl etwas steigen müssen. Bisher haben die Iren jedoch ein gutes Händchen bewiesen, was Verträge und Marktplatzierung betrifft. Das Image ist schon etwas aufpoliert. Vielleicht entsteht ja wirklich eine Airline, die den Sprung von der 'NurBillig-Airline' zu einer gut aufgestellen Fluggesellschaft mit 'preiswerten' Leistungen schafft. Die Voraussetzungen sind allenfalls besser als bei Lufthansa, die mit den Gewerkschaften um die Vorgaben für preiswertere Flüge ringt.

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Reiserecht - Wieviel Anzahlung ist angemessen?

Gestern Abend erreichte mich im Auto eine Radiomeldung, mehr als 20 % Anzahlung seien nach aktuellem Urteil des BGH bei Pauschalreisen nicht zulässig. Diese Meldung war teilweise korrekt, mit der täglichen Praxis vor Augen aber nicht ganz nachvollziehbar. Und tatsächlich stellt sich der Sachverhalt nach Prüfung der Urteile etwas anders dar.

In den verhandelten Fällen ging es um die Reisebedingungen eines Veranstalters, gegen deren Verwendung die Verbraucherzentrale geklagt hatte. Bezüglich der Anzahlungen war der Passus strittig, dass "innerhalb einer Woche nach Erhalt seiner Reisebestätigung eine Anzahlung von 40 % vom Gesamtpreis" zu leisten ist.

Bei einer Gruppenreise kann das jedoch durchaus notwendig sein. Um einen günstigen Flugpreis zu erhalten, muss bei vielen Airlines mit der Buchung der Flugpreis voll bezahlt werden und diese Position macht meist ca. 50 % des Reisepreis aus. Das ist für den Veranstalter nicht zu leisten, wenn der Kunde maximal 20 % des Reisepreis bezahlt. Das gleiche gilt teilweise für Musicaltickets und vergleichbare Leistungen.

Solche Fälle sind von dem gestern veröffentlichten Urteil nicht betroffen. In der Begründung heisst es 'Die von der Beklagten unmittelbar bei Vertragsabschluss geforderte Anzahlung von 40 % des Reisepreises sei weitgehend intransparent, d. h. nicht klar und verständlich und benachteilige den Vertragspartner unangemessen im Sinn von § 307 Abs. 1 und 2 BGB*.' Eine begründet höhere Anzahlung ist gerechtfertigt. In den Reisebedingungen wird ein 'Standard' von max. 20 % des Reisepreis festgelegt und in der Praxis eine Pauschale von z. B. 50 € angesetzt. Bei einem Reisepreis von 300 € sind das weniger als 20 %. Bei Flugreisen mit sofortiger Buchung und Zahlung der Tickets ist die Anzahlung mit Hinweis auf diesen Umstand entsprechend höher.

Vor diesem Hintergrund könnte man noch einmal über die Praxis der Vorauszahlung für Flugtickets diskutieren, das konnte von den Airlines jedoch bisher vermieden werden. Das ist ärgerlich da die Zahlungen an Airlines im Gegensatz zu den Zahlungen an Reiseveranstalter nicht gegen Insolvenz der Gesellschaft abgesichert sind.

Freitag, 5. Dezember 2014

Hat der Fernbus eine Zukunft (in Deutschland)?

Bahnchef Grube hat diese Woche den Selbsttest gemacht. Er fuhr mit dem Fernbus von Hamburg nach Berlin um anschliessend über die neue Konkurrenz zu lästern. 'Die Fahrt sei 'unbequem' gewesen, zudem hatte der Bus 1 Stunde Verspätung. Bezahlt hat er 12 €.

Dieser Erfahrungsbericht ist wohl kaum objektiv. Viele Reisende berichten weitaus positiver von der Fahrt im bequemen Reisebus. Und der Preis läßt sich noch unterbieten - aktuell kann ich eine Fahrt am kommenden Montag Morgen für 8 € buchen. Die Fahrkarte mit der Bahn kostet je nach Abfahrtszeit 47 - 69 €.

Der Preis ist das schlagendste Argument für den Fernlinienbus. Auf Strecken, die von der Bahn nur zu sehr hohen Preisen bedient werden (z. B. nach Paris) schlägt es sogar noch heftiger.

Hat das Konzept bei diesen Preisen eine Zukunft? Der Bahn-Chef verneint dies und Meldungen über Anbieter, die schon aufgegeben haben, werden als Argument gebraucht, um die Idee für tot zu erklären. Aber ist das wirklich stichhaltig? Fernbusangebote gibt es in anderen Ländern schon lange und sie haben sich durchaus etabliert. Die Kampfpreise der Anfangszeit mögen nicht zu halten sein - zum Preis der Bahn ist aber noch eine Menge Luft.

Interessanterweise lässt MeinFernBus verlauten, in diesem Jahr keinen Verlust zu machen und mit MegaBus drängt gerade ein weiterer Anbieter auf den Markt, der bereits Erfahrungen im Fernbusgeschäft hat.

Irgendwie fühle ich mich an die Zeiten der ersten Billigflieger erinnert. 'Geht nicht' war von den grossen Airlines zu hören, als Ryanair & Co noch wirklich zum Taxipreis geflogen sind. Heute wird von Verlusten bei Lufthansa berichtet und Ryanair hebt seine Gewinnprognose an. Natürlich haben auch hier Anbieter die Flügel streichen müssen. In jedem Geschäft gibt es erfolgreiche und solche, die weniger glücklich agieren.

Geniessen wir als Kunden die Vorteile, die sich aus der Konkurrenz ergeben. Die Bahn spricht von besserem Service auf der Fernstrecke (WLAN ab 2016 !) und es gibt Verbindungen in Regionen, die weder mit Bahn noch mit Flug gut und günstig erreichbar waren. Marktbereinigungen wird es geben - tot ist der Fernbus auch in Deutschland aber noch lange nicht. Gerade für Klassenfahrten ergeben sich neue Möglichkeiten, auch mit kleinen Gruppen sehr günstig zu reisen. Eine Stunde Verspätung nimmt man da gerne in Kauf.